Wer sich mit Webdesign beschäftigt, stolpert früher oder später über Webflow. Als visuell orientiertes CMS hat sich das System in den letzten Jahren vom Geheimtipp zur ernstzunehmenden Alternative entwickelt. Anfangs vor allem für gestalterisch starke Onepager genutzt, wird es heute ebenso für komplexe Corporate Websites und skalierbare Web-Plattformen eingesetzt.
Ich arbeite seit über fünf Jahren intensiv mit Webflow. In dieser Zeit habe ich das System wachsen sehen und in ganz unterschiedlichen Kontexten eingesetzt: für Start-ups und Mittelständler, für fokussierte Landingpages genauso wie für umfangreiche Websites mit redaktionellen Inhalten, Integrationen und dynamischen Komponenten.
In Gesprächen mit potenziellen Kund:innen und anderen Webdesigner:innen begegnen mir immer wieder Missverständnisse rund um das System. Manche stammen aus der Anfangszeit, andere beruhen auf oberflächlichen Vergleichen. Und einige auf der bloßen Annahme, was ein visuelles Interface leisten kann oder nicht.
Ohne das System glorifizieren zu wollen, möchte ich mit einigen dieser Mythen aufräumen und eine sachliche Einordnung geben.
1. Webflow ist ein Website-Baukasten
Die Vorstellung, Webflow sei lediglich ein Baukastensystem wie Wix oder Squarespace, hält sich erstaunlich hartnäckig. Und tatsächlich lässt sich die Plattform theoretisch auch so nutzen. Sie bietet eine visuelle Oberfläche, Drag-and-Drop-Funktionalität und die Möglichkeit, ohne Programmierkenntnisse einfache Seiten zu gestalten.
Für viele wirkt das wie ein typischer Baukasten: vorgefertigte Templates, begrenzte Anpassungsmöglichkeiten, fragwürdige Codequalität.
In Wirklichkeit sieht es differenzierter aus. Genau wie bei WordPress lassen sich auch mit Webflow Seiten auf ganz unterschiedliche Weise umsetzen. Die Arbeit im Designer basiert auf denselben HTML- und CSS-Prinzipien wie bei handgeschriebenem Code.
Layouts entstehen nicht aus festen Bausteinen, sondern aus strukturierten Elementen mit individuell definierten Klassen, responsiven Grid-Systemen und vollständiger Kontrolle über Semantik und Hierarchie.
Der generierte Code ist in der Regel sauber, performant und logisch aufgebaut. Templates sind optional, wer individuell arbeiten will, beginnt mit einem leeren Canvas. Frameworks wie Lumos oder Client-First unterstützen beim Aufbau konsistenter Strukturen, lassen aber alle gestalterischen Freiheiten. So entstehen Projekte, die visuell eigenständig und technisch fundiert sind.
Einen guten Überblick, was Webflow aus technischer Sicht besser als vergleichbare Tools macht, liefert Timothy Ricks in diesem Video.
2. Webflow ist teuer
Webflow verursacht laufende Kosten. Die gängigen Site-Pläne liegen zwischen 14 und 25 Euro monatlich. Wer von einer Open-Source-Lösung wie WordPress kommt, empfindet das oft als Nachteil.
Dabei wird häufig übersehen, welche versteckten oder langfristigen Aufwände klassische CMS-Systeme verursachen. WordPress erfordert regelmäßige Wartung, Sicherheitsupdates und Plugin-Kompatibilitätsprüfungen.
Oft sind zusätzliche Lizenzen für Themes oder Erweiterungen nötig. Hosting, SSL-Zertifikate, Backups oder Performance-Optimierung kommen obendrauf. Und sobald Probleme auftreten, braucht es externe Unterstützung.
Webflow funktioniert anders. Hosting, Sicherheit, Backup-Logik und technische Stabilität sind Teil des Systems. Änderungen am Inhalt oder Layout können direkt über den Editor vorgenommen werden.
Ganz ohne Zugriff auf den Code und ohne Abhängigkeit von Entwickler:innen. Für viele Kund:innen ist das der eigentliche Vorteil. Sie müssen sich nicht um technische Details kümmern und können die Seite dennoch aktiv weiterentwickeln.
3. Webflow ist nur für kleine Websites geeignet
Ein weiteres Vorurteil lautet, Webflow eigne sich nur für kleine Projekte. Persönliche Portfolios, Startseiten oder einfache Unternehmensseiten. Für alles darüber hinaus sei das System zu limitiert.
Auch das trifft so nicht zu. Zwar ist Webflow kein Enterprise-CMS und nicht für riesige Plattformen mit Hunderttausenden Einträgen gedacht. Aber für die große Mehrheit der realen Website-Projekte reicht der Funktionsumfang aus.
Das integrierte CMS erlaubt den Aufbau dynamischer Inhalte mit klarer Struktur, Referenzen und Logik. Mehrsprachigkeit kann nativ abgebildet werden. Design-Systeme lassen sich modular umsetzen. Wer mit Frameworks wie Lumos arbeitet, kann auch komplexe Inhalte sauber organisieren und skalierbar halten.
Natürlich gibt es technische Grenzen, etwa bei API-Aufrufen oder CMS-Item-Limits. Aber diese sind für typische Unternehmensseiten selten relevant. Viel entscheidender ist die Qualität der Konzeption. Und die lässt sich in Webflow sehr gut abbilden.
4. Webflow eignet sich nicht für SEO
Ein weiterer Mythos: Ohne Plugins wie Yoast fehle Webflow die nötige SEO-Funktionalität. Die Wahrheit ist: Webflow verzichtet bewusst auf Drittanbieter-Plugins, weil viele der relevanten Funktionen direkt ins System integriert sind.
Schon auf technischer Ebene bringt Webflow gute Voraussetzungen mit: strukturierter, semantisch korrekter Code, schnelle Ladezeiten, automatisches Lazy Loading, saubere URL-Strukturen, SSL-Zertifikate inklusive.
Meta-Daten, Alt-Texte, Open Graph-Tags und Canonical-Links lassen sich präzise pflegen, entweder manuell oder dynamisch per CMS. Auch strukturierte Daten (Schema Markups) können eingebunden werden, entweder per Custom Code oder über entsprechende Felder.
5. Webflow ist unsicher, weil es kein Open-Source-System ist
Webflow ist eine cloudbasierte Plattform mit proprietärem Code. Die Server stehen in den USA, es gibt keine Möglichkeit, das System selbst zu hosten.
Für einige bedeutet das: Kontrollverlust. Andere sehen darin ein Sicherheitsrisiko, weil man auf ein System angewiesen ist, das man selbst nicht einsehen oder verändern kann.
Doch die Realität sieht anders aus: Webflow erfüllt hohe Sicherheitsstandards: automatische Updates, tägliche Backups, HTTPS-Verschlüsselung, DDoS-Schutz, Zwei-Faktor-Authentifizierung.
Eine DSGVO-konforme Nutzung ist absolut möglich, und weil keine Plugins installiert werden müssen, entfällt eine der häufigsten Schwachstellen klassischer CMS-Systeme.
Natürlich ist ein proprietäres System immer auch eine Vertrauensfrage. Aber wer Webflow kennt, weiß: Das System ist stabil, ausfallsicher – und gerade für Teams ohne IT-Abteilung eine beruhigend wartungsfreie Lösung.
Fazit
Webflow ist kein System für alles. Aber es ist ein leistungsfähiges Werkzeug, wenn Gestaltung, Struktur und Performance zusammengedacht werden sollen.
Und es ist ein System, das sich kontinuierlich weiterentwickelt. Neue Funktionen, bessere Workflows und ein aktives Produktteam sorgen dafür, dass Webflow technisch auf dem aktuellen Stand bleibt, ganz ohne dass sich Nutzer:innen selbst um Updates oder Migrationen kümmern müssen.
Ob Webflow das passende System ist, hängt immer vom Projekt und den Zielen ab. Wer es richtig einsetzt, kann damit leistungsstarke, individuelle und langfristig wartungsarme Websites realisieren: Mit sauberem Code, durchdachter Struktur und einem visuellen Workflow, der Gestaltung und Umsetzung enger zusammenbringt.

Über mich
Ich bin Fabian Walter, Webdesign-Freelancer mit dem Fokus auf hochwertige B2B-Websites
Warum ist Webflow so teuer?
Webflow ist nicht kostenlos – aber es spart an anderer Stelle Aufwand und Kosten. Hosting, Sicherheit, Backups und Performance sind im Preis enthalten, ebenso ein visuelles Interface, das viele externe Tools überflüssig macht.
Wer die monatlichen Gebühren isoliert betrachtet, übersieht oft die versteckten Folgekosten klassischer CMS-Systeme wie Wartung, Plugin-Lizenzen oder Agenturaufwände.
Ist Webflow unsicher?
Nein, Webflow erfüllt hohe Sicherheitsstandards. Automatische Updates, tägliche Backups, HTTPS-Verschlüsselung und Zwei-Faktor-Authentifizierung gehören zum Standard.
Zudem gibt es keine Plugin-Abhängigkeiten, die potenzielle Schwachstellen öffnen könnten. DSGVO-konforme Nutzung ist bei entsprechender Konfiguration ebenfalls möglich.
Ist Webflow für große Websites geeignet?
Ja, sofern das Projekt sinnvoll geplant und professionell umgesetzt ist. Das integrierte CMS erlaubt skalierbare Strukturen mit Sammlungen, Referenzen und dynamischen Komponenten.
Für Enterprise-Plattformen mit riesigen Datenmengen gibt es technische Grenzen – aber für die meisten Corporate Websites reicht der Funktionsumfang problemlos aus.
Was ist besser, Webflow oder WordPress?
Das hängt vom Projekt ab. WordPress ist flexibler in der Tiefe, Webflow effizienter in der Umsetzung.
Wer Wert auf Design, Geschwindigkeit und Wartungsfreiheit legt, ist mit Webflow gut beraten. Für individuelle Backend-Logiken, Community-Funktionen oder stark integrierte Plattformen bleibt WordPress oft die erste Wahl.
Kann ich mit Webflow SEO umsetzen?
Ja, und zwar direkt im System. Technisch bringt Webflow dafür gute Voraussetzungen mit: sauberer Code, schnelle Ladezeiten, strukturierte Daten und manuell steuerbare Meta-Informationen.
Wer sich mit SEO auskennt, kann in Webflow sehr gezielt arbeiten – ganz ohne zusätzliche Plugins.