21.5.2024

Barrierefreiheit für Websites wird Pflicht – Was Du darüber wissen musst

Illustrative Darstellung von einer Treppenstufe in einer Queransicht, die mit einem Dreieck barrierefrei gemacht wird.

Das Barrierefreiheits­stärkungsgesetz kommt – und nimmt Website-Betreiber in die Pflicht, ihre Seiten barrierefrei zu gestalten.

In Deutschland gibt es fast 8 Mio. Menschen mit Schwerbehinderung. Diese Behinderungen treten – im Sinne des Wortes – immer dann auf, wenn Menschen der Zugang zu Informationen oder Teilhabe verwehrt wird.

Barrierefreiheit bedeutet also, dass Zugang geschaffen wird und Teilhabe ermöglicht wird – und das betrifft neben dem öffentlichen Raum auch die digitale Welt. Denn zwar sind Barrieren hier nicht so offensichtlich, aber sie existieren trotzdem.

Und das geht uns alle etwas an.

Was sind digitale Barrieren?

Aktion Mensch hat im letzten Jahr gemeinsam mit Google eine Untersuchung zur Barrierefreiheit deutscher Online-Shops durchgeführt und kam zum Ergebnis:

“Barrierefreiheit im Internet ist für 10 Prozent der Bevölkerung unerlässlich, für mindestens 30 Prozent notwendig und für 100 Prozent hilfreich.”

Warum diese 100 Prozent? Zum einen, weil die Grundfrage von digitaler Barrierefreiheit allen Menschen zugute kommt:

Wie kann man die Bedienbarkeit einer Website verbessern, sodass alle Besucher:innen ein positives Erlebnis haben?

Zum anderen, weil Barrieren permanent, temporär und situativ auftauchen können:

  • Ein erhöhter Farbkontrast zwischen Schrift und Hintergrund kommt Menschen mit einer Sehbehinderung zugute, aber auch Menschen, die bei direkter Sonneneinstrahlung noch etwas auf ihrem Display lesen möchten.
  • Untertitel bei einem Video sind für eine Person mit Gehörlosigkeit unerlässlich, um den Inhalt des Videos zu verstehen, sind aber auch ein Vorteil für alle, die im Zug sitzen und nicht das ganze Abteil mit dem Video-Sound beschallen möchten.
  • Ein ausreichend großer Button auf der Website ist für Eltern mit Kind auf dem Arm genauso hilfreich wie eine Person mit eingeschränkter Handmobilität.

Eine Website an sich bringt allein durch die visuelle Gestaltung und die Inhalte (Text, Bilder, Icons, Videos, ...) jede Menge potenzielle Barrieren mit sich, die eben 10, 30 oder unter gewissen Umständen 100 Prozent aller Besucher:innen betreffen können.

Welche Websites müssen laut BFSG barrierefrei gestaltet werden?

Zunächst einmal: Das BFSG umfasst nicht pauschal alle Websites.

Sinn des Gesetztes ist es, Dienstleistungen und Produkte für alle Menschen zugänglicher zu machen. Dementsprechend sind vor allem Online-Shops und Websites mit Buchungs­möglichkeiten für Services betroffen.

Aber auch die Seiten von öffentlichen Stellen und Institutionen sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch B2B-Anbietern werden in die Pflicht genommen.

Mit meinem Quick-Check kannst Du herausfinden, ob Deine Website unter das BFSG fällt.

Was bedeutet Barrierefreiheit im Bezug auf Webseiten?

Leider macht das BFSG keine genauen Vorgaben, welche konkreten Maßnahmen Webseitenbetreiber zu erfüllen haben. Es verweist aber auf die europäische Norm EN 301 549, welche wiederum die AA-Standards der aktuellen Web Content Accessibility Guidelines 2.1 (WCAG) zum Vorbild nimmt.

Diese Standards können sich aber bis zum 28. Juni 2025 und darüber hinaus ändern oder konkretisiert werden.

Grundlegend lassen sich folgende Barrieren und konkrete Handlungsempfehlungen definieren:

Visuelle Barrieren:

  • Farbkontraste & ausreichend große Schriftgrößen
  • Linktexte und alternative Bildbeschreibungen
  • logisches Website-Layout
  • Einsatz von Screenreadern möglich

Auditive Barrieren:

  • Transkription oder Untertitel von Videos oder Audiodateien

Motorische Barrieren:

  • Steuerung durch Tastatur oder Spracheingabe möglich
  • Buttons sind ausreichend groß
  • Formulare sind einfach nutzbar

Kognitive Barrieren:

  • Intuitive Nutzerführung
  • eindeutig beschriebene Linkziele
  • einfache Sprache, wenig Fremdwörter
  • Inhalte sind kurz und verständlich gegliedert

Technische Barrieren:

  • Schlanker, effizienter Seitencode
  • Große Datenmengen werden vermieden
  • Animationen lassen sich deaktivieren
  • hohe Browserkompatibilität

Die Maßnahmen betreffen also die gesamte Websites:

  • Das Layout, also Darstellung und Design der Inhalte
  • Die technische Umsetzung und die Struktur des Codes
  • Die Inhalte, vor allem in Texten, aber auch Bilder, Animationen, Icons, …

Wie prüft man seine Website auf Barrierefreiheit?

Um sich einen ersten Überblick über den Zustand seiner Website zu machen und mögliche Handlungsempfehlungen zu bekommen, gibt es eine Vielzahl an Tools.

Ich nutze zum Beispiel die Chrome Extension Silktide, mit der man verschiedene Barrieren simulieren und die Screenreader-Fähigkeit einer Website testen kann. Außerdem kann man mit einem Klick einen Test auf die Kompatibilität mit dem Standard der WCAG 2.1 machen.

Eine Liste mit vielen weiteren Tools gibt es auf der Website der Web Accessibility Initiative.

Vorteile einer barrierefreien Website

Ganz unabhängig vom BFSG oder sonstigen Gesetzen: Es ist richtig und wichtig, eine Website so aufzubauen, dass möglichst viele Menschen Teilhabe ermöglicht wird. Denn wie schon erwähnt, ist der Grundgedanke von digitaler Barrierefreiheit ein Vorteil für alle.

Neben dieser moralischen Verpflichtung gibt es noch weitere Faktoren, warum Barrierefreiheit im Web durchaus einen Return on Investment hat:

  • Logische Nutzerführung, dadurch kommen Besucher:innen schneller an ihr gewünschtes Ziel
  • Bessere Usability, also Nutzbarkeit von Websites, dadurch positiveres Website-Erlebnis
  • Schlanker und qualitativ hochwertiger Seitencode
  • Positiver Einfluss auf Suchmaschinenoptimierung (SEO)
  • Positives Unternehmensimage

Ressourcen und weiterführende Inhalte

Die gute Nachricht für Webseiten-Betreiber ist: Es ist noch über ein Jahr Zeit, um die BFSG-Vorgaben umzusetzen.

Gleichzeitig ist es weise, das Thema jetzt schon anzugehen.

Weniger, um nicht Ende Juni 2025 in Panik zu verfallen (wie 2018 viele im Zuge der DSGVO).

Sondern vielmehr, weil eine barrierefreie Website schon jetzt vielen Website-Besucher:innen helfen würde.

Weitere Informationen und Ressourcen zum Thema gibt es unter anderem hier:

Portrait von Fabian Walter
Ich bin Fabian Walter, Webdesigner aus Karlsruhe.
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