Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist da – und nimmt Website-Betreiber in die Pflicht, ihre Seiten barrierefrei zu gestalten.
In Deutschland gibt es fast 8 Mio. Menschen mit Schwerbehinderung. Diese Behinderungen treten – im Sinne des Wortes – immer dann auf, wenn Menschen der Zugang zu Informationen oder Teilhabe verwehrt wird.
Barrierefreiheit bedeutet also, dass Zugang geschaffen wird und Teilhabe ermöglicht wird – und das betrifft neben dem öffentlichen Raum auch die digitale Welt. Denn zwar sind Barrieren hier nicht so offensichtlich, aber sie existieren trotzdem.
Und das geht uns alle etwas an.
Was sind digitale Barrieren?
Aktion Mensch hat im letzten Jahr gemeinsam mit Google eine Untersuchung zur Barrierefreiheit deutscher Online-Shops durchgeführt und kam zum Ergebnis:
“Barrierefreiheit im Internet ist für 10 Prozent der Bevölkerung unerlässlich, für mindestens 30 Prozent notwendig und für 100 Prozent hilfreich.”
Warum diese 100 Prozent? Zum einen, weil die Grundfrage von digitaler Barrierefreiheit allen Menschen zugute kommt:
Wie kann man die Bedienbarkeit einer Website verbessern, sodass alle Besucher:innen ein positives Erlebnis haben?
Zum anderen, weil Barrieren permanent, temporär und situativ auftauchen können:
- Ein erhöhter Farbkontrast zwischen Schrift und Hintergrund kommt Menschen mit einer Sehbehinderung zugute, aber auch Menschen, die bei direkter Sonneneinstrahlung noch etwas auf ihrem Display lesen möchten.
- Untertitel bei einem Video sind für eine Person mit Gehörlosigkeit unerlässlich, um den Inhalt des Videos zu verstehen, sind aber auch ein Vorteil für alle, die im Zug sitzen und nicht das ganze Abteil mit dem Video-Sound beschallen möchten.
- Ein ausreichend großer Button auf der Website ist für Eltern mit Kind auf dem Arm genauso hilfreich wie eine Person mit eingeschränkter Handmobilität.
Eine Website an sich bringt allein durch die visuelle Gestaltung und die Inhalte (Text, Bilder, Icons, Videos, ...) jede Menge potenzielle Barrieren mit sich, die eben 10, 30 oder unter gewissen Umständen 100 Prozent aller Besucher:innen betreffen können.
Welche Websites müssen laut BFSG barrierefrei gestaltet werden?
Zunächst einmal: Das BFSG umfasst nicht pauschal alle Websites.
Sinn des Gesetztes ist es, Dienstleistungen und Produkte für alle Menschen zugänglicher zu machen. Dementsprechend sind vor allem Online-Shops und Websites mit Buchungsmöglichkeiten für Services betroffen.
Aber auch die Seiten von öffentlichen Stellen und Institutionen sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch B2B-Anbietern werden in die Pflicht genommen.
Vom BFSG ausgenommen sind private und nicht-kommerzielle Websites, rein geschäftliche B2B‑Angebote sowie Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und höchstens 2 Mio. € Jahresumsatz.
Unabhängig vom Gesetz kann es sich Barrierefreiheit auch für diese Seiten lohnen, dazu später mehr.
Was bedeutet Barrierefreiheit im Bezug auf Webseiten?
Leider macht das BFSG keine genauen Vorgaben, welche konkreten Maßnahmen Webseitenbetreiber zu erfüllen haben. Es verweist aber auf die europäische Norm EN 301 549, welche wiederum die AA-Standards der aktuellen Web Content Accessibility Guidelines 2.1 (WCAG) zum Vorbild nimmt.
Grundlegend lassen sich folgende Barrieren und konkrete Handlungsempfehlungen definieren:
Visuelle Barrieren:
- Farbkontraste & ausreichend große Schriftgrößen
- Linktexte und alternative Bildbeschreibungen
- logisches Website-Layout
- Einsatz von Screenreadern möglich
Auditive Barrieren:
- Transkription oder Untertitel von Videos oder Audiodateien
Motorische Barrieren:
- Steuerung durch Tastatur oder Spracheingabe möglich
- Buttons sind ausreichend groß
- Formulare sind einfach nutzbar
Kognitive Barrieren:
- Intuitive Nutzerführung
- eindeutig beschriebene Linkziele
- einfache Sprache, wenig Fremdwörter
- Inhalte sind kurz und verständlich gegliedert
Technische Barrieren:
- Schlanker, effizienter Seitencode
- Große Datenmengen werden vermieden
- Animationen lassen sich deaktivieren
- hohe Browserkompatibilität
Die Maßnahmen betreffen also die gesamte Websites:
- Das Layout, also Darstellung und Design der Inhalte
- Die technische Umsetzung und die Struktur des Codes
- Die Inhalte, vor allem in Texten, aber auch Bilder, Animationen, Icons, …
Wie prüft man seine Website auf Barrierefreiheit?
Um sich einen ersten Überblick über den Zustand seiner Website zu machen und mögliche Handlungsempfehlungen zu bekommen, gibt es eine Vielzahl an Tools.
Ich nutze zum Beispiel die Chrome Extension Silktide, mit der man verschiedene Barrieren simulieren und die Screenreader-Fähigkeit einer Website testen kann. Außerdem kann man mit einem Klick einen Test auf die Kompatibilität mit dem Standard der WCAG 2.1 machen.
Eine Liste mit vielen weiteren Tools gibt es auf der Website der Web Accessibility Initiative.
Vorteile einer barrierefreien Website
Ganz unabhängig vom BFSG oder sonstigen Gesetzen: Es ist richtig und wichtig, eine Website so aufzubauen, dass möglichst viele Menschen Teilhabe ermöglicht wird. Denn wie schon erwähnt, ist der Grundgedanke von digitaler Barrierefreiheit ein Vorteil für alle.
Neben dieser moralischen Verpflichtung gibt es noch weitere Faktoren, warum Barrierefreiheit im Web durchaus einen Return on Investment hat:
- Logische Nutzerführung, dadurch kommen Besucher:innen schneller an ihr gewünschtes Ziel
- Bessere Usability, also Nutzbarkeit von Websites, dadurch positiveres Website-Erlebnis
- Schlanker und qualitativ hochwertiger Seitencode
- Positiver Einfluss auf Suchmaschinenoptimierung (SEO)
- Positives Unternehmensimage
Ressourcen und weiterführende Inhalte
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist in Kraft, und damit ist klar: Barrierefreiheit ist keine Option mehr, sondern für viele Website-Betreiber:innen Pflicht.
Wer eine Website betreibt, die unter das Gesetz fällt, sollte jetzt handeln. Nicht nur aus Angst vor Stragen, sondern ganz konkret: Für Menschen mit Einschränkungen. Für Nutzer:innen in Alltagssituationen. Und für die Qualität digitaler Angebote insgesamt.
Weitere Informationen und Ressourcen zum Thema gibt es unter anderem hier:

Über mich
Ich bin Fabian Walter, Webdesign-Freelancer mit dem Fokus auf hochwertige B2B-Websites
Ist meine Website vom BFSG betroffen?
Wenn Deine Website Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucher:innen anbietet, ist sie wahrscheinlich betroffen. Das gilt besonders für Shops, Buchungssysteme oder vergleichbare Funktionen.
Ausnahmen gelten für rein informative Seiten von Kleinstunternehmen oder im B2B‑Bereich. Aber auch hier gilt: Nur wer sicher ausschließen kann, dass die Website unter das Gesetz fällt, sollte sich nicht mit dem Thema beschäftigen. Im Zweifel lohnt sich eine rechtliche Prüfung.
Was genau bedeutet Barrierefreiheit im Web?
Barrierefreiheit heißt: Eine Website ist so gestaltet, dass sie für alle Menschen zugänglich und nutzbar ist, unabhängig von Einschränkungen. Das betrifft Design, Technik und Inhalt gleichermaßen.
Konkrete Anforderungen ergeben sich aus der Norm EN 301 549, die sich auf die WCAG 2.1 in Stufe AA bezieht. Das umfasst unter anderem: gute Kontraste, Bedienbarkeit per Tastatur, klare Sprache, aussagekräftige Alternativtexte, logische Struktur und ein schlanker, sauberer Code.
Welche Tools helfen bei der Prüfung meiner Website?
Es gibt zahlreiche Tools, mit denen Du die Barrierefreiheit Deiner Website testen kannst. Ich nutze beispielsweise die Chrome Extension „Silktide“.
Weitere sinnvolle Werkzeuge sind der WAVE Accessibility Checker, axe DevTools oder das WCAG‑Audit von Google Lighthouse. Wichtig: Ein Tool ersetzt keine vollständige Prüfung, aber es zeigt Schwachstellen auf. Und das ist der erste Schritt.
Was bringt mir eine barrierefreie Website, wenn ich rechtlich nicht verpflichtet bin?
Eine barrierefreie Website funktioniert besser für alle. Sie ist nutzerfreundlicher, schneller, klarer strukturiert und damit auch besser auffindbar.
Gleichzeitig zeigt sie Haltung: Wer digitale Barrierefreiheit ernst nimmt, sendet ein starkes Signal: an Kund:innen, Partner und Mitarbeitende. Und nicht zuletzt profitiert auch die eigene Performance, denn viele Maßnahmen wirken sich positiv auf SEO, Usability und Conversion aus.
Welche Anforderungen stellt das BFSG konkret an meine Website?
Das Gesetz selbst macht keine Detailvorgaben, verweist aber auf die europäische Norm EN 301 549. Diese basiert auf den Richtlinien der WCAG 2.1, Stufe AA.
Dazu zählen unter anderem: ausreichende Farbkontraste, strukturierte Inhalte, Bedienbarkeit ohne Maus, verständliche Sprache, Alternativtexte für Bilder sowie technische Standards für Code und Performance. Die Anforderungen gelten ganzheitlich, also für Design, Inhalt und technische Umsetzung.